Forscher der Uni Wien haben in einer qualitativen Untersuchung analysiert, warum Nutzer von Social-Media-Diensten Medieninhalte veröffentlichen. Das sogenannte “Sharen” passiert laut Studienergebnis eher zufällig – nämlich dann, wenn Nutzer über Interessantes im Web stolpern.
Wie und warum teilen wir Medieninhalte auf Facebook und Twitter? Dieser Frage gingen Axel Maireder und Julian Ausserhofer in einer Studie für die Universität Wien auf den Grund. „Aufmerksamkeit ist ein Gut, das jeder haben will“, fasst Julian Ausserhofer eine der Grundmotivationen für so genanntes “Social Sharing” zusammen. Diese bekam die Studie über das Teilen auf Facebook und Twitter auch, die Montag Abend im Museumsquartier präsentiert wurde. Rund 60 Personen kamen, um die ersten Ergebnisse der wissenschaftlichen Arbeit zu sehen, für die 41 Interviews mit „Sharern“ einer qualitativen Analyse unterzogen wurden.
Teilen ist alltäglich und zufällig
In den relativ jungen sozialen Medien ist das Sharing sehr stark vom Zufall geprägt, die User „stolpern“ über Inhalte und geben sie dann an ihre Freunde oder Followers weiter. Auffallend ist, dass das Teilen von vielen kaum als Aufwand empfunden wird und „nebenbei“ passiert.
Was das Publikum betrifft, so haben Ausserhofer und Maireder herausgefunden, dass nur die wenigsten die Funktion des selektiven Veröffentlichen nutzen – also die Möglichkeit, einzelne Postings nur an einen bestimmten Teil der Freunde zu verbreiten. Technisch wird die Nachricht an alle Freunde gerichtet, wobei die User sich aber vor dem Teilen ein Publikum vorstellen, an welches dieser Inhalt konkret gerichtet ist. Ein Video über Reitsport mag zum Beispiel zwar nur einen Teil der Freunde interessieren, diese wissen aber etwas damit anzufangen. Dass die anderen, nicht an Reitsport Interessierten, das Posting sehen, wird laut Studie nicht als Nachteil gesehen, ganz im Gegenteil: das kann der Identitätskonstruktion dienlich sein, denn so können andere sehen, wie vielfältig man selbst ist. Diese Überlappung an Inhalten für verschiedene Zielgruppen nennen die Wissenschaftler “Kontext-Kollaps”.
Warum und was wird veröffentlicht?
Bei der Frage nach den Gründen für Sharing wurde in der Studie bestätigt, was gemeinhin angenommen wird: Selbstdarstellung und Identitätsmanagement sind wesentliche Motive, um Inhalte in sozialen Medien zu teilen. Hierbei ist es wichtig, dass der Content in irgendeiner Art und Weise mit demjenigen, der es teilt, verbunden werden kann. Interessant ist aber, dass die User beim Teilen zwar automatisch ihre eigene Identität managen, das aber nicht unbedingt mit einschlägigen Begriffen wie „self promotion“ in Verbindung bringen wollen, die aus der Markenwelt entlehnt sind. „Die User wollen sich auch nicht dem eigenen Publikum anbiedern“, so Maireder. Sharing wird auch praktiziert, um Nachrichten einem sogenannten „social reality testing“ zu unterziehen, also um das Weltgeschehen mit den Freunden zu diskutieren und zu bewerten. Somit schafft das Teilen von Inhalten in Social Media auch Möglichkeiten, an „Kommunikationsprozessen von Politik und Markt teilzunehmen“.
Die Studie wird zur Zeit einem Review-Prozess unterzogen und ungefähr in einem halben Jahr vollständig gratis veröffentlicht.
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